Schule und sexuelle Gewalt

Von Veronika Wittig

Anlässlich der Fachtagung „Schule und sexualisierte Gewalt“ des Pädagogischen Landesinstituts am 20. September 2024 beschäftigen sich Politik und Verantwortliche mit dem Thema „Schule und sexuelle Gewalt“.

Was ist sexueller Missbrauch?

Unter dem Begriff sexueller Missbrauch fasst man alle sexuellen Handlungen zusammen, die einen anderen in seiner sexuellen Integrität verletzen und ihm physischen und/oder psychischen Schaden zufügen. Sexueller Missbrauch liegt vor, wenn Kinder, Heranwachsende oder Erwachsene missbraucht werden, um die sexuellen Bedürfnisse anderer mit Gewalt oder unter Druck zu erfüllen. Dazu gehört beispielsweise auch, wenn sich ein Sexualtäter vor dem Kind entkleidet, Körperkontakt vornimmt, das Kind zu sexuellen Handlungen an sich selbst zwingt oder ihm pornografisches Material zeigt.

Bei sexuellem Missbrauch gegenüber Kindern nutzen die Täter ihre Machtposition und die Abhängigkeit des Kindes aus, es besteht demnach ein Machtgefälle zwischen Opfer und Täter.

In jeder Klasse ein bis zwei Schüler*innen von sexuellem Missbrauch betroffen

Immer wieder werden Kinder und junge Heranwachsende Opfer von (sexueller) Gewalt und Missbrauch. Laut der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) sind schätzungsweise in jeder Klasse ein bis zwei Schüler*innen von sexuellem Missbrauch betroffen.

Im schulischen Kontext gibt es zusätzlich verschiedene Formen von sexualisierter Gewalt und Bedrohung wie Grenzverletzungen durch Mitschüler*innen und Übergriffe. Bei Kindern und Heranwachsenden spielen hierbei auch die Sozialen Medien eine große Rolle.

Schule und sexuelle Gewalt

Schutz von Kindern an Schulen durch Schutzkonzepte

Die Schulen bieten für den Kampf gegen sexuelle Gewalt eine wichtige Anlaufstelle, da alle betroffenen Kinder und Jugendlichen meist eine Schule besuchen und so dort Hilfe und Schutz finden können. Dafür ist es aber wichtig, dass die Lehrkräfte entsprechend geschult sind und wissen, wie sie mit den betroffenen Kindern und Jugendlichen umgehen können.

Dies ist besonders wichtig, weil Schulen auch oft ein möglicher Tatort für sexuelle Übergriffe sind, da sich verschiedene Altersgruppen tagtäglich dort begegnen. Umso wichtiger sind geschulte Lehrkräfte und Schutzkonzepte.

Zusammen mit den Kultusbehörden der Bundesländer wurde deshalb die Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ entwickelt, um allgemeinbildende Schulen zur Entwicklung von Konzepten zum Schutz vor sexueller Gewalt zu motivieren.

Die Initiative bietet Schulleitungen und dem pädagogischen Fachpersonal an Schulen wichtige Materialien und Praxistipps. Doch neben den Schulen können auch die Eltern ihre Kinder vor sexuellem Missbrauch schützen. Wichtige Tipps für Eltern:

Tipps und Tricks für Eltern: Was können Eltern tun, um ihr Kind vor sexuellem Missbrauch zu schützen?

Eltern sollten ihre Kinder über den Begriff des sexuellen Missbrauchs aufklären und aufzeigen, was sexueller Missbrauch bedeutet. Erklären Sie Kindern, dass es den eigenen Körper betreffend Grenzen hat und diese einfordern darf.

Erarbeiten Sie präventive Maßnahmen und Regeln. Diese können sein:

  1. Kindern zu erklären, zu keinen Fremden ins Auto zu steigen.
  2. Sich bei Schulwegen o. Ä. an abgesprochene Wege zu halten und keine Abkürzungen zu nehmen.
  3. Sich an vereinbarte Uhrzeiten zu halten.
  4. An Fremde keine privaten Daten wie Adresse und Name weiterzugeben
  5. Sagen Sie dem Kind, dass niemand das Recht hat, es anzufassen.
  6. Vereinbaren Sie ein Safeword! Danach kann das Kind einen Fremden fragen und wenn dieser das Safeword nicht kennt, weiß es, dass es ihm nicht vertrauen sollte.
  7. Wenn möglich, sollten Kinder zu zweit oder in Gruppen zur Schule gehen.
  8. Eltern sollten ihren Kindern das Gefühl geben, dass sie ihnen alles erzählen können.

Das Sicher-Stark-Team hilft mit 

Unser Sicher Stark Team gibt hilfreiche Tipps, damit Kinder sicher und selbstbewusst aufwachsen können und kein Opfer von Mobbing, sexuellen Übergriffen oder Cyberattacken werden. Vielfältige Berichte über Medienkompetenz, Cybermobbing und Gefahren im Internet geben Eltern wertvolle Tipps und Trick an die Hand.

Weitere Informationen gibt es auf der Homepage der Bundesgeschäftsstelle.

Lesen Sie über Behördenversagen.

Behördenversagen

Behördenversagen: Wenn Kinder nicht angemessen geschützt werden

Immer wieder liest man von Fällen, in denen Behörden zu spät bei Kindeswohlgefährdungen eingreifen oder Meldungen ignorieren. Das belegt nun auch eine Studie. Was ist Kindeswohlgefährdung konkret und wie können Privatpersonen helfen?

Im Februar 2024 ging in Österreich ein erschütternder Fall durch die Medien: Eine Mutter soll mithilfe einer Freundin ihren Sohn gequält haben, indem sie den damals Zwölfjährigen immer wieder in eine Hundebox einsperrte und bei geöffnetem Fenster kaltes Wasser über ihn goss. Trotz zwei Hausbesuchen von Sozialarbeiter*innen der niederösterreichischen Kinder- und Jugendhilfe, in denen die Situation als “auffällig” bezeichnet und Gefährdungsmeldungen von Ärzten und der Schule eingereicht wurden, schritten die zuständigen Mitarbeiter*innen nicht ein. Schließlich rettete eine Sozialarbeiterin das Kind, als sie es in einem “lebensbedrohlichen, komatösen Zustand” mit einer Körpertemperatur von 27 Grad vorfand.

Auch in Deutschland kommt es immer wieder zu Fällen, in denen Kindern zu spät von Behörden und Jugendämtern geholfen wurde. So beispielsweise der Fall eines Zweijährigen aus Bopfingen, der von dem Lebensgefährten seiner Mutter misshandelt wurde und schließlich starb. Trotz Auffälligkeiten, die anschließend vom Jugendamt, dem Kinderarzt, Familien und Freunden benannt wurden, schritt niemand ein.

Doch nicht immer sind die Eltern der direkte Auslöser, manchmal wird auch stark benötigte staatliche Hilfe nicht genehmigt. So war in Hamburg ein 19-jähriger Rollstuhlfahrer wegen fehlender Barrierefreiheit der Wohnung drei Jahre in seinem Zimmer eingesperrt. Obwohl Sozialarbeiter*innen den Fall meldeten, wurde auch hier nichts unternommen, um die Situation des jungen Mannes zu verbessern.

Meldungen zu Kindeswohlgefährdung werden nicht ausreichend bearbeitet

2022 erreichte die Kindeswohlgefährdung in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts mit 62.300 Fällen einen neuen Höchststand. Hinzu kamen 101 Tötungsdelikte an Kindern, denen nicht zwangsläufig eine bekanntgewordene Kindeswohlgefährdung vorausging. Eine im Juni veröffentlichte Studie von Transparency International Deutschland und SOS-Kinderdörfern zeigte, dass Ämter und Behörden häufig nicht angemessen auf Meldungen zu Kindeswohlgefährdungen reagieren. Zwei Drittel der 140 befragten Jugendämter gaben demnach an, dass Personalmangel sie häufig an zeitnahen Reaktionen auf Hinweise bezüglich Kindeswohlgefährdung hindere. Gut die Hälfte der Behörden wiesen online auf Meldewege hin, nur ein Drittel nannte eine Ansprechperson für Hinweisgeber. Auch die Begriffe „Kindeswohlgefährdung“ oder „Kindesmissbrauch“ scheinen für Laien nicht ausreichend erklärt zu werden. Nicht einmal die Hälfte aller Jugendämter erklärt konkret, was damit gemeint ist und welches Verhalten gemeldet werden soll. In Bezug auf sexuellen Missbrauch informiert sogar nur jedes vierte Amt. Außerdem variiert laut der Studie die wahrgenommene Qualität in der Einschätzung von Fällen und Bearbeitung durch „insoweit erfahrene Fachkräfte“ innerhalb der Jugendämter und anderen Einrichtungen stark. Der Gesetzgeber müsse an deren Qualifikation nachbessern, so Studienleiter Sebastian Oelrich. „Es kann nicht sein, dass sich beispielsweise Kindergärten allein auf Beratungen von Personen berufen können, die wenig praktische Erfahrung mit Kindeswohlgefährdung haben.“

Behördenversagen

Was fällt unter Kindeswohlgefährdung?

Kindeswohlgefährdung hat viele unterschiedliche Erscheinungsformen. Sie kann sich sowohl durch Unterlassen als auch durch ein bestimmtes Verhalten auszeichnen. Zudem kann sowohl bewusstes als auch unbewusstes Handeln als Kindeswohlgefährdung gelten. Konkret fallen unter den Begriff Vernachlässigung, Erziehungsgewalt und Misshandlung, häusliche Gewalt und weibliche Genitalverstümmelung, die häufig auch als Beschneidung bezeichnet wird.

Diese Taten können wiederum jeweils in unterschiedlichen Formen auftreten:

Körperliche Vernachlässigung meint die unzureichende Versorgung mit Nahrung, Flüssigkeit, witterungsangemessener Kleidung, mangelhafte Hygiene oder medizinischer Versorgung sowie unzureichende Wohnverhältnisse. Erzieherische und kognitive Vernachlässigung umfasst fehlende Kommunikation, erzieherische Einflussnahmen sowie fehlende Anregung zu Spiel und Leistung.

Bei emotionaler Vernachlässigung handelt es sich um einen Mangel an Wärme, Geborgenheit und Wertschätzung. Eine unzureichende Aufsicht liegt dann vor, wenn das Kind innerhalb und außerhalb des Wohnraums häufig alleingelassen wird und die Eltern oder Erziehungsberechtigten nicht darauf reagieren, wenn ihr Kind unangekündigt abwesend ist.

Der Kinderschutzbund NRW stuft Vernachlässigung aufgrund vielfältiger Lebensstile als schwer zu fassenden Faktor ein. In einem solchen Verdacht empfiehlt sich die anonymisierte Beratung mit einer der oben genannten Beratungsstellen.

Als Erziehungsgewalt versteht man sowohl leichte physische als auch psychische Gewalt an einem Kind. Sie sind erzieherisch motiviert und haben wohl einen kurzfristigen körperlichen oder seelischen Schmerz, nicht aber die Schädigung oder Verletzung des Kindes zum Ziel.

Unter körperliche Erziehungsgewalt fallen beispielsweise leichte Ohrfeigen oder hartes Anpacken des Kindes. Körperliche Misshandlung sind Tritte, Stöße, Stiche, das Schlagen mit Gegenständen, Vergiftungen, Einklemmen oder das Schütteln, insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern gemeint. Psychische Gewalt hat dagegen viele Erscheinungsformen, die dem Kind vermitteln, es sei wertlos oder nicht liebenswert. Dies kann als Isolierung, Ablehnung oder Terrorisierung mit Androhungen geschehen. Aber auch, das Kind in selbstzerstörerisches oder strafbares Verhalten oder in die Rolle des Ersatzes für eine erwachsene Person zu drängen.

Zu sexualisierter Gewalt zählt der Kinderschutzbund physische sexualisierte Gewalt, psychische sexualisierte Gewalt, Missbrauchsdarstellungen, Kinderprostitution, sexualisierte Gewalt im Internet, Cybergrooming und Sexting. Wie Kinder sicher im Netz unterwegs sind, darüber klärt das Sicher-Stark-Team ebenfalls auf seinem Blog auf. Häusliche Gewalt dagegen bezeichnet Gewalt zwischen Erwachsenen, also beispielsweise den Eltern. Auch wenn das Kind selbst keine direkte Gewalt erfährt, leidet das Kind darunter zu sehen, wie ein Familienmitglied misshandelt wird.

Was tun, wenn Sie Kindeswohlgefährdung vermuten?

Trotz der mehr als fragwürdigen Studien-Ergebnisse sollten sich engagierte Menschen nicht entmutigen lassen. Wenn Sie eine Kindeswohlgefährdung in ihrem Bekanntenkreis oder der Nachbarschaft wahrnehmen, sollten Sie sich dennoch auf jeden Fall an Fachkräfte wenden. Ansprechpartner dafür sind die Ortsverbände des Deutschen Kinderschutzbundes, Erziehungsberatungsstellen, Beratungsstellen des Kinderschutzbundes und das örtliche Jugendamt. Für eine erste Einschätzung empfiehlt der Kinderschutzbund NRW eine anonymisierte Beratung.

Sobald Sie Namen nennen, muss das Jugendamt tätig werden und dem Hinweis nachgehen. Auch wenn es schwerfällt, sollten Sie nicht übereilt handeln, vorausgesetzt, Sie gehen nicht von einer akuten Notlage aus.

Wenn Sie den Eindruck haben, dass das Kind sofort Hilfe benötigt, wenden Sie sich an die Polizei oder das örtliche Jugendamt. Wenn Sie das Kind direkt ansprechen möchten, sollten Sie es nicht bedrängen. Auch wenn es aus ihrer Sicht in einer gefährlichen Situation steckt, hat sich das Kind eigene Verteidigungsmechanismen angeeignet, die womöglich die Täter*innen schützen sollen. Stehen Sie dem Kind als Vertrauensperson zur Verfügung und signalisieren Sie ihm, dass es sich an Sie wenden kann.

Ein Gespräch mit dem Täter oder der Täterin sollten sie niemals allein eingehen. Sie könnten gewalttätig auf Sie reagieren oder als Folge die Gewalt gegenüber dem Kind verschärfen, es bedrohen, einschüchtern oder ein Kontaktverbot zu Ihnen oder anderen aussprechen. Zudem ist es unwahrscheinlich, dass der beschuldigte Erwachsene seine Gewalttätigkeit zugibt.

Weitere Informationen gibt es auf der Homepage der Bundesgeschäftsstelle.

Lesen Sie über Cybermobbing Studie 2024.

Cybermobbing Studie 2024

Immer mehr Opfer von Cybermobbing – Was hilft betroffenen Schülerinnen und Schülern?

Von Veronika Wittig

Wie eine aktuelle Studie nachweist, ist die Zahl junger Menschen, die Opfer von Cybermobbing werden, erneut gestiegen. Häufig sind Eltern und Lehrkräfte mit dem Problem überfordert. Was hilft betroffenen Schülerinnen und Schülern?

Was ist Cybermobbing?

Unter Cybermobbing versteht man unter anderem Beleidigungen im Netz, beleidigende Texte, das öffentliche Teilen von privaten Informationen oder das Fälschen und Hochladen von Informationen sowie das Verschicken von persönlichen Bildern, die ohne Einverständnis aufgenommen wurden. Im Gegensatz zu Mobbing auf dem Schulhof, kann Cybermobbing im digitalen Raum immer stattfinden – es unterliegt keiner örtlichen oder zeitlichen Begrenzung. Immer mehr Kinder haben schon in jungen Jahren, häufig bereits im Grundschulalter, ein eigenes Smartphone oder Zugang dazu, sie sind damit verstärkt auch möglichem Cybermobbing ausgesetzt. Gleichzeitig erreicht Cybermobbing ein größeres Publikum, während die Täter selbst anonym bleiben. Die Anonymität im Internet fördert eine enthemmte Kommunikation und senkt die Hemmschwelle der Täter. Anders als im physischen Raum sind die Täter nicht unmittelbar mit der Reaktion der Opfer konfrontiert.

Cybermobbing bei Kindern

Immer mehr Opfer von Cybermobbing

Steigende Zahlen im Bereich Cybermobbing

Einer aktuellen Umfrage zufolge ist in Deutschland aktuell fast ein Fünftel aller Schülerinnen und Schüler von Cybermobbing betroffen. Für die „Cyberlife“-Studie des Bündnisses gegen Cybermobbing in Zusammenarbeit mit der Barmer Krankenkasse wurden im Frühjahr 2024 4.213 Schülerinnen und Schüler, 637 Lehrer und 1.061 Erziehungsberechtigte repräsentativ nach Bundesländern online befragt. Insgesamt sind laut den Zahlen, da fast ein Fünftel aller Schülerinnen und Schüler betroffen ist, über zwei Millionen Kinder und Jugendliche Opfer von Cybermobbing.

Damit ist der Anteil der Kinder, die eigenen Angaben zufolge mindestens einmal schon Cybermobbing erlebt haben, im Vergleich zur letzten Studie 2022 um 1,8 Prozentpunkte auf insgesamt 18,5 Prozent angestiegen. Über die Jahre hinweg zeigt sich somit eine steigende Tendenz. 2017 hatten noch 12,7 Prozent der befragten Kinder eine entsprechende Angabe über Attacken im Netz gemacht.

Häufig sind die Täter in der Schülerschaft und meist auch den Eltern bekannt. Jedoch fehlt es trotzdem häufig an wirksamen Maßnahmen.

Ein Fazit der Studie lautet, dass Eltern oft „überfordert, die Lehrkräfte zu wenig darauf vorbereitet und die Schulen zu zögerlich in der Reaktion“ seien.

Forderungen der Studie für besseren Schutz der Kinder

Als Fazit fordert das Bündnis, das die Studie in Auftrag gegeben hat, mit der präventiven Arbeit bereits früh im Grundschulalter zu beginnen. Außerdem müssen Lehrkräfte in diesem Bereich besser ausgebildet werden und es braucht zentrale Anlaufstellen für die Opfer von Cybermobbing. Auch die rechtliche Lage zum Schutz vor Attacken im Netz müsse verbessert werden. Die rechtliche Grundlage sei häufig unübersichtlich.

Das Sicher-Stark-Team hilft mit

Unser Sicher-Stark-Team gibt hilfreiche Tipps, damit Kinder sicher und selbstbewusst aufwachsen können.  In vielen Berichten finden sich wertvolle Tipps, um Kinder gegen Cybermobbing zu schützen, und Tipps für Eltern, um ihre Kinder zu schützen und Cybermobbing besser zu erkennen.

Weitere Informationen gibt es auf der Homepage der Bundesgeschäftsstelle.

Lesen Sie über Kindesentführung: Was tun, wenn das eigene Kind verschwindet?.

Kindesentführung: Was tun, wenn das eigene Kind verschwindet?

Von Veronika Wittig

Der Fall der dreijährigen Helin, die 2024 aus einem belebten Park in Köln-Kalk verschwand, ist sicher eine Horrorvorstellung für alle Eltern.

Doch wie häufig sind solche Fälle und was können Eltern tun?

Kindesentführungen: Wer sind die Täter?

Auch wenn die Sorge, dass das eigene Kind verschwindet bzw. sogar entführt wird, bei Eltern groß ist, zeigt sich doch, die Anzahl der tatsächlichen Fälle ist relativ gering.

2023 wurden laut polizeilicher Kriminalstatistik in Deutschland 1.850 Fälle der „Entziehung Minderjähriger“ registriert, davon blieb es in 196 Fällen beim Versuch. Tatsächlich werden dabei die meisten Entführungen nicht von Fremden vorgenommen, sondern meist sind es Entführungen im Rahmen von Sorgerechtstreitigkeiten zwischen getrennten Paaren. Dabei ist laut Kriminalstatistik die Mehrheit der Tatverdächtigen in diesen Fällen weiblich; ihr Anteil beträgt 56,2 Prozent.

Häufig werden Kinder dabei von einem Elternteil ins Ausland gebracht. Laut Bundesjustizamt gab es 2023 mindestens 236 solcher Kindesentziehungen aus Deutschland in ein anderes Land.

Kindesentführung

Tipps für Eltern: Was können Eltern vorbeugend tun

Auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer Kindesentführung gering ist, können und sollten Eltern Vorsichtsmaßnahmen treffen.

Wichtige Tipps sind:

  1. Handynummern auswendig lernen: Kinder sollten ihre eigene Nummer und die von zu Hause/ den Eltern auswendig lernen.
  2. Eltern sollten mit Kindern proben, wie es sich im Ernstfall am besten verhält. Für unübersichtliche Situationen wie in Erlebnisparks, Jahrmärkten etc. mit vielen Menschen sollten klare Absprachen getroffen werden. Vereinbaren Sie hier prägnante Treffpunkte für den Fall der Fälle.
  3. Das Kind sollte seine Kontaktdaten bei sich tragen.
  4. Das Kind sollte laut nach den Eltern rufen – am besten den vollen Namen und nicht „Mama“ oder „Papa“.
  5. Eltern sollten sich merken, welche Kleidung das Kind gerade trägt, um notfalls bei der Polizei genaue Angaben machen zu können.

Das Sicher-Stark-Team hilft mit

Das Sicher-Stark-Team hilft mit und setzt sich dafür ein, dass Kinder sicher und stark aufwachsen können.

Weitere Informationen gibt es online auf der Homepage der Bundesgeschäftsstelle.

Lesen Sie über steigende Fälle von Kindesmissbrauch.

Steigende Fälle von Kindesmissbrauch

Von Veronika Wittig

Wie die im Juli 2024 veröffentlichten Zahlen des Bundeskriminalamtes (BKA) aufzeigen, ist weiterhin ein Anstieg der Fallzahlen bei Sexualdelikten gegen Kinder und Jugendliche zu sehen. Fast 20.000 Kinder und Jugendliche waren vergangenes Jahr Opfer von sexualisierter Gewalt. Insbesondere in den Bereichen des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen und im Bereich der kinder- und jugendpornografischen Inhalte stiegen die Fallzahlen deutlich an.

Steigende Fallzahlen

Wie aus dem „Bundeslagebild Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen 2023“ hervorgeht, wurden von den Strafverfolgungsbehörden 16.375 Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern (5,5 Prozent mehr als 2022) festgestellt. Blickt man auf den Fünf- jahresvergleich, ist dies seit 2019 ein Anstieg von rund 20 Prozent. Dabei wurden 18.497 Kinder unter 14 Jahren zu Opfern sexuellen Missbrauchs. Dies bedeutet eine Steigerung um 7,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dabei sind viele Opfer noch sehr jung: Über 2200 Jungen und Mädchen seien zum Zeitpunkt des Missbrauchs jünger als sechs Jahre alt gewesen. Zudem sind rund drei Viertel der Opfer von sexueller Gewalt weiblich.

Besonders stark ist der Anstieg bei jugendpornografischen Inhalten; diese sind 2023 auf ca. 31 Prozent, sprich auf 8.851 Fälle angestiegen.

Sexueller Kindesmissbrauch

Steigende Fälle von Kindesmissbrauch

Prävention von sexuellem Missbrauch – Kinder besser schützen

Kinder können sich nicht alleine vor sexueller Gewalt und Missbrauch schützen. Sie brauchen erwachsene Ansprechpersonen, deshalb richtet sich Prävention an verschiedene Zielgruppen.

Eine große Herausforderung bei der Prävention ist dabei, dass für viele Missbrauch im eigenen Umfeld nicht vorstellbar ist. Doch sich bewusst zu machen, dass Missbrauch immer und überall stattfinden kann, ist der erste Schritt für wirkungsvolle Prävention. Nachfolgend die wichtigsten, praktischen Tipps für Eltern:

Was können Eltern tun, um ihr Kind vor sexuellem Missbrauch zu schützen?

Klären Sie Ihre Kinder über den Begriff des sexuellen Missbrauchs auf. Zeigen Sie ihrem Kind, wo Grenzen liegen und dass es diese einfordern darf. Erarbeiten Sie präventive Maßnahmen und Regeln. Diese können sein:

  1. Kindern zu erklären, zu keinen Fremden ins Auto zu steigen
  2. Keine privaten Daten wie Adresse und Name an Fremde weiterzugeben
  3. Keine Geschenke anzunehmen von fremden Personen
  4. Keinen in die Wohnung zu lassen, wenn Mama oder Papa nicht da sind
  5. Sich an Absprachen halten: Kinder sollen sich an den abgesprochenen Schulweg halten, die besprochene Buslinie nutzen und die vereinbarten Uhrzeiten und Treffpunkte einhalten .
  6. Sagen Sie dem Kind, dass niemand das Recht hat, es anzufassen.
  7. Vereinbaren Sie ein Safeword! Danach kann das Kind Fremde fragen und wenn dieser das Safeword nicht kennt, weiß es, dass es ihm nicht vertrauen sollte.
  8. Wenn möglich, sollten Kinder zu zweit oder in Gruppen zur Schule gehen.

Ein wesentlicher Punkt ist ebenfalls der Umgang mit dem Internet. Mittlerweile bahnt sich sexueller Missbrauch häufig über Kontaktaufnahme im Internet an oder findet sogar gänzlich digital statt. Eltern sollten deshalb mit ihren Kindern auch über diese Gefahren im digitalen Raum sprechen und über die Onlineaktivitäten ihrer Kinder Bescheid wissen: Auf welchen Plattformen ist das Kind registriert? Welche Daten wurden dort veröffentlicht? Mit wem hat das Kind digital Kontakt?

Das Sicher-Stark-Team hilft mit

Das Sicher-Stark-Team hilft mit und setzt sich dafür ein, dass Kinder früh für diese Themen sensibilisiert werden und dadurch sicher und stark aufwachsen können. Weitere Informationen gibt es online auf der Homepage der Bundesgeschäftsstelle.

Lesen Sie auch unseren Artikel über YouTube und seine KI-Quatsch-Videos.

 

YouTube und seine KI-Quatsch-Videos

YouTube ist eins der beliebtesten sozialen Medien, gerade bei Kindern und Jugendlichen. Tatsächlich sind dort sehr hilfreiche und ernsthafte Angebote zu finden, wie die Nachhilfe-Videos von Daniel Jung, Miriam Müller oder Lehrerschmidt. Die können Mathe manchmal besser erklären als viele Lehrer vor der Klasse. Neuerdings machen sich aber auch Videos von Leuten dort breit, die nur ein Ziel haben: Durch möglichst viele Klicks möglichst viel Geld abzusahnen. Ihr Zielpublikum sind bevorzugt Kinder, mit durch künstliche Intelligenz erzeugte Videos, die hanebüchenen Quatsch und Lügengeschichten erzählen.

Da werden angebliche fast vollständige Überreste von Dinosauriern gezeigt, die angeblich gerade im Urwald in Südamerika gefunden wurden. Tatsächlich stammen die Bilder aus einem Dino-Park im bayrischen Altmühltal. Hundert Meter lange Riesenschlangen sollen sich an einem Strand entlang bewegen. Bei genauerem Hinsehen erkennt man, dass die Schlange keine Spuren im Sand hinterlässt, und über dem Sand zu schweben scheint. Sie sich eigentlich gar nicht bewegt. Selbst vor Bildern von angeblich durch Wildkameras fotografierte Aliens schrecken die Macher nicht zurück. Alle Videos scheinen echt zu sein. Diese Kanäle nennen sich „Die weise Eule“ oder „TopNL“ in den Niederlanden. Gemeinsam ist ihnen, dass nicht nur nichts davon stimmt, sondern die Inhaber der Kanäle bis zu einer halben Million Abonnenten im Monat erreichen. Das reicht, um mehrere zehntausend Euro im Monat für Werbeeinnahmen einzusacken. Was Erwachsene jedoch auf den ersten Blick als Fake und Humbug erkennen, wird gerade von jüngeren Kindern nicht selten für Realität gehalten. Es wird eine Wirklichkeit simuliert, die Kinder nicht als das erkennen, was es ist, nämlich Klickbaiting und Abzocke.

YouTube und seine KI-Quatsch-Videos

Dieses Beispiel zeigt einmal wieder, wie wichtig es ist, mit seinen Kindern darüber zu sprechen, welche Inhalte sie im Netz konsumieren. Den Kindern deutlich zu machen, dass im Internet viele Menschen unterwegs sind, die nur Geld abgreifen wollen und deshalb nicht davor zurückschrecken, Kinder mit gefälschten oder sogar gefährlichen Videos anzulocken. Wie die so genannten Challenges in TikTok. Wenn man seine Kinder vor solchen Betrügereien schützen möchte, sollten die Angebote der öffentlich-rechtlichen Medien genutzt werden. Oder Videos, die in zuverlässigen Quellen empfohlen werden, wie in Zeit-Online oder einem Portal wie Familienleben.ch.

Weitere Informationen, wie Sie dafür sorgen, dass Ihre Kinder sicher im Netz unterwegs sind, finden Sie auch in den Seiten des Sicher-Stark-Teams.

Lesen Sie auch unseren Artikel über Diagnose Depression nimmt bei jungen Menschen zu.

Diagnose Depression nimmt bei jungen Menschen zu

Immer mehr jungen Menschen wird eine Depression diagnostiziert. Das hat eine aktuelle Auswertung des Barmer-Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) herausgefunden.

Mehr als 409.000 Betroffene im vergangenen Jahr: Laut einer aktuellen Auswertung des Barmer-Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) hat die Anzahl der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen fünf und 24 Jahren, die an einer Depression leiden, zugenommen. 2018 lag die Anzahl der Diagnosen noch bei 316.000 und war damit 30 Prozent geringer.

Mehr Mädchen als Jungen betroffen

Einen besonders großen Anstieg konnte das bifg von 2020 auf 2021 während der Corona-Pandemie feststellen: Innerhalb dieser beiden Jahre stieg die Anzahl der Diagnosen von 327.000 auf 383.000. Der Anteil von Mädchen und jungen Frauen, die an Depressionen leiden, fiel in der Auswertung zudem höher aus als bei Jungen und jungen Männern. 2023 wurde bei 283.000 Mädchen und jungen Frauen eine Depression diagnostiziert; 2018 waren es 204.000. Bei Jungen und jungen Männern stieg die Fallzahl von 112.000 auf 127.000. Laut Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer, wisse man schon lange, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede bei Depressionen gebe. ”Aber hierzu sind weitere Analysen erforderlich, um die Wirkzusammenhänge noch besser zu verstehen.“

Die Auswertung zeigte, dass die Fälle von Depressionen in allen Bundesländern zwischen den Jahren 2018 und 2023 angestiegen ist. Die größte Steigerung konnte mit 51 Prozent in Sachsen-Anhalt festgestellt werden. Dort stiegen die Depressions-Diagnosen von 6.100 auf 9.200. Den geringsten Zuwachs verzeichnete Baden-Württemberg mit 41.500 auf 48.600 Betroffene. In Nordrhein-Westfalen erfolgte der größte Anstieg mit 94.400 gegenüber 75.300 Fällen im Jahr 2018. Die wenigsten Diagnosen erfolgten mit 3.300 im Saarland. 2018 erhielten dort 2.700 junge Menschen eine Diagnose.

Die deutliche Zunahme an Depressionen bei jungen Menschen sei besorgniserregend, so  Straub. “Dabei hat die Erkrankung viele Gesichter und wird nicht immer sofort erkannt. Selbst wenn Betroffene oder Angehörige merken, dass etwas nicht stimmt, fällt ihnen konkrete Unterstützung mitunter schwer.“

Diagnose Depression nimmt bei jungen Menschen zu.

Hilfe für Kinder und Jugendliche mit einer Depression

Nicht immer wird eine Depression bei Kindern und Jugendlichen von Erziehungsberechtigten, Lehrbeauftragten oder Ärzt*innen direkt erkannt. Besonders Jugendliche leiden beim Eintreten der Pubertät an Stimmungsschwankungen und Gereiztheit. Auch die Angst vor Stigmatisierung sorgt dafür, dass sich Familien häufig erst spät Hilfe holen. Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention unterscheidet die Hauptsymptome einer Depression deshalb nach Altersstufen, damit eine Diagnose leichter fällt. An diesen ersten Anhaltspunkten können sich Erziehungsberechtigte orientieren. Bei Verdacht auf eine Depression sollte eine Diagnose allerdings durch einen Arzt oder Psychotherapeuten erfolgen.

Unter 1-3 Jahren:

  • wirkt traurig
  • ausdrucksarmes Gesicht
  • erhöhte Reizbarkeit
  • selbst stimulierendes Verhalten, z. B. Schaukeln des Körpers, übermäßiges Daumenlutschen
  • Teilnahmslosigkeit
  • Spielunlust
  • Spielverhalten mit reduzierter Kreativität und Ausdauer
  • gestörtes Essverhalten
  • Schlafstörungen

Vorschulalter (3-6 Jahre):

  • trauriges Gesicht
  • verminderte Gestik und Mimik
  • leicht irritierbar, stimmungslabil
  • mangelnde Fähigkeit, sich zu freuen
  • vermindertes Interesse an Bewegung
  • nach innen gekehrtes oder aggressives Verhalten
  • Verändertes Essverhalten mit Gewichtsab-/ oder Zunahme
  • Schlafstörungen, z. B. Schwierigkeiten beim Ein- und Durchschlafen, Albträume

Schulalter:

  • verbale Berichte über Traurigkeit
  • Schulleistungsstörungen
  • Befürchtung, dass die Eltern nicht genügend Beachtung schenken
  • Suizidale Gedanken

Pubertäts- und Jugendalter:

  • Depressive Symptome laut Diagnosekriterien
  • vermindertes Selbstvertrauen
  • Ängste, Konzentrationsschwierigkeiten, Gleichgültigkeit
  • Leistungsstörungen
  • tageszeitabhängige Schwankungen des Befindens
  • psychosomatische Beschwerden (z. B. Kopfschmerzen)
  • Suizidhandlungen

Sollte eine Diagnose erfolgen, ist eine Psychotherapie für Kinder und Jugendliche ratsam. In schweren Fällen kann auch eine medikamentöse Behandlung in Betracht gezogen werden. Erste Anlaufstellen können Hausärzte, Sozialarbeiter*innen, Vertrauenslehrer*innen oder Beratungsstellen wie die Diakonie oder das Rote Kreuz sein.

Anonym können sich Kinder und Jugendliche auch selbstständig mit Unterstützung ihrer Eltern an das Kinder- und Jugendtelefon (116 111) oder die Telefonseelsorge (0800 1110 111 oder 0800 1110 222) wenden. Auch per E-Mail ist die Kontaktaufnahme zu Beratungsstellen möglich, beispielsweise zu Jugendnotmail oder u25-Deutschland.

Das Jugendhilfeportal empfiehlt zudem für Jugendliche ab 14 Jahren das Diskussionsforum “FIDEO”, kurz für “Fighting Depression Online”. Dort erhalten Jugendliche Informationen zu Symptomen, Ursachen sowie Behandlungsmöglichkeiten und können sich in einem Chat untereinander austauschen.

Lesen Sie auch unseren Artikel über Zahl vernachlässigter Kinder in Thüringen.

Zahl vernachlässigter Kinder in Thüringen

Zahl vernachlässigter Kinder in Thüringen seit 2012 deutlich gestiegen

Im vergangenen Jahr gab es in Thüringen so viele Kindeswohlgefährdungen wie seit 2012 nicht mehr. In 1.600 Fällen stellten die Jugendämter des Freistaates eine Gefährdung von Jungen und Mädchen durch Vernachlässigung sowie körperliche und psychische Misshandlungen fest.

Am 17. Oktober veröffentlichte der Freistaat Thüringen unter Berufung auf einen dpa-Bericht beunruhigende Zahlen: Die Fälle von Kindeswohlgefährdung seien demnach im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Bei insgesamt fast 4.800 Verfahren der Jugendämter zur Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung sei in mehr als 1.600 Fällen eine Gefährdung von Mädchen und Jungen festgestellt worden. Laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes ist die Anzahl im Vergleich zum Vorjahr mit 280 Fällen um etwa ein Fünftel gestiegen. In 824 Fällen handelte es sich um akute, in 805 um latente Gefährdung der Kinder. Dabei ist ebenfalls zu erwähnen, dass die Zahl gestiegen ist, trotz tendenziell weniger Kinder in Thüringen durch die demografische Entwicklung. In 3.100 der 4.800 Prüfverfahren der Jugendämter konnte keine Kindeswohlgefährdung festgestellt werden. Dennoch sahen die Fachleute in 1.900 dieser Fälle einen Hilfebedarf, zwölf Prozent mehr als 2022.

Unterschiedliche Arten von Kindeswohlgefährdung festgestellt

In 1.200 Fällen konnten Anzeichen für Vernachlässigung festgestellt werden. In 468 Verfahren gab es Hinweise auf psychische Misshandlungen, in 386 Verfahren wurden Indizien für körperliche Misshandlungen und in 65 Verfahren Hinweise für sexuelle Gewalt gefunden. Wobei mehrere Gefährdungen gleichzeitig in jedem vierten Fall festgestellten wurden. Insgesamt 759 der betroffenen Kinder wuchsen bei einem alleinerziehenden Elternteil auf. In jedem fünften Fall waren ein oder beide Elternteile laut Landesamt ausländischer Herkunft.  Zum Zeitpunkt der Gefährdungseinschätzung wurde in 808 Fällen bereits eine Leistung der Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch genommen.

Zahl vernachlässigter Kinder in Thüringen seit 2012 deutlich gestiegen

Erstmals erhoben: Von wem die Gefährdung ausgeht

2023 hat das Landesamt erstmals erhoben, von wem die Gefährdung des Kindes hauptsächlich ausging: Insgesamt ging die Gefährdung mehrheitlich vom eigenen Vater oder der eigenen Mutter aus, dies war bei 80,5 Prozent der Fall. Ein Stiefelternteil oder der neue Partner bzw. die neue Partnerin eines Elternteils waren 4,5 Prozent der Fälle die Gefährder.

In fast 70 Prozent der Fälle gaben die Kinder und Jugendlichen selbst Hinweise auf eine Gefährdung. Bei rund einem Viertel informierten Polizei, Gerichte oder Staatsanwaltschaften die Jugendämter. Weitere Hinweise gingen zudem anonym oder von Sozialdiensten ein.

Sexualstraftaten: Trend zeichnet sich bundesweit ab

Auch bei Sexualstraftaten zeichnete sich 2023 eine deutliche Steigerung ab. Anfang Juli hatte das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden zu Sexualstraftaten gegen Kinder und Jugendliche ein Bundeslagebild vorgestellt. Demnach registrierten die Strafverfolgungsbehörden mit 16.375 Fällen von sexuellem Missbrauch von Kindern einen Anstieg von 5,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bei Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren stellte die Polizei 1.200 Sexualdelikte fest; 5,7 Prozent mehr als 2022. Drei Viertel der Opfer im Bereich des sexuellen Missbrauchs waren weiblich. Auch die Anzahl im Zusammenhang mit Missbrauchsdarstellungen (verharmlosend häufig als Kinderpornografie bezeichnet) stieg mit 45.191 Fällen deutlich um 7,4 Prozent. Das BKA kündigte an, seine technischen Fähigkeiten weiter auszubauen sowie die Zusammenarbeit mit den Polizeien der Länder zu verstärken, um die Bekämpfung sexualisierter Gewalt weiter voranzutreiben.

Das Sicher-Stark-Team bietet bereits in der Grundschule Kurse zur Prävention gegen Missbrauch und Gewalt an. Dabei lernen Kinder, wie sie sich wehren und Hilfe holen können.

Lesen Sie auch unseren Artikel über Instagram verbessert Jugendschutz.

Instagram verbessert Jugendschutz

Dass die sozialen Medien auf Kinder und Jugendliche selten positiven Einfluss haben, braucht kaum noch diskutiert werden. Da vermitteln ausgesprochen schöne Menschen seltsame Körperbilder, werden Konsum und Luxus als einzig erstrebenswert dargestellt, bis dahin, dass Islamisten und Rechtsextreme Kinder und Jugendliche für ihre Zwecke ködern. Inzwischen ist die Erkenntnis, dass Instagram, TikTok und Snapchat alles für ihren Profit tun, aber wenig für den Jugendschutz, sogar bis in die amerikanische Regierung und in die EU-Kommission durchgedrungen. Weshalb Ausschüsse des Senats in den USA Mr. Zuckerberg vor kurzer Zeit geradezu gegrillt haben. Doch es gibt Hoffnung, dass die Online-Medienunternehmen den Druck aus Politik und Gesellschaft zunehmen spüren.

Wegen Sanktions-Androhungen durch die US-Regierung hat Instagram, genauer der Konzern Meta, zu dem Instagram gehört, Maßnahmen angekündigt, Jugendliche und Kinder besser vor Einfluss aus zweifelhaften Quellen zu schützen. Laut Nutzungsbedingungen liegt das Mindestalter für Instagram bei 13 Jahren. Für minderjährige Nutzerinnen und Nutzer ab 13 bis 16 Jahren führt Instagram nun bis Ende des Jahres die neuen „Teen-Konten“ ein. In den USA, Großbritannien und Australien ab sofort, in der EU bis Ende 2024. Diese ermöglichen Eltern mehr Einsicht und Kontrolle in die Instagram-Nutzung ihrer Kinder. Damit sollen Minderjährige auf der Plattform vor Risiken wie Cybergrooming, gefährdende Inhalten wie Gewaltdarstellungen oder Pornografie und vor exzessiver Nutzung geschützt werden.

Teen-Konten sind zuerst immer privat, Minderjährige müssen neue Follower erst akzeptieren, und Personen, die ihnen nicht folgen, können ihre Inhalte nicht sehen oder mit ihnen interagieren. Konten von Leuten unter 16 Jahren, die bisher ein öffentliches Profil hatten, werden mit Start der Teen-Accounts automatisch auf privat umgestellt.

Für Teenager gelten dann strengere Nachrichten-Standards, sie können nur von Personen, denen sie folgen oder mit denen sie bereits in Verbindung stehen, eine Nachricht erhalten. Eltern können außerdem in der Elternaufsicht sehen, mit wem ihr Teenager in den letzten sieben Tagen kommuniziert hat. Die Nachrichteninhalte selbst können die Eltern dabei nicht einsehen.

Jugendliche werden automatisch auf restriktivere Inhaltseinstellungen gesetzt, wodurch die Inhalte von Konten, denen sie nicht folgen, eingeschränkt werden.

Alle Minderjährigen müssen die App nach 60 Minuten schließen. Eltern können das in der Elternaufsicht auch strenger gestalten und die App in bestimmten Zeiträumen ganz für ihre Kinder sperren. Zwischen 22 Uhr und 7 Uhr morgens wird die App in den Ruhemodus versetzt, der verhindert, dass Jugendliche nachts online sind.

Insgesamt verbessert Instagram mit den Teen-Konten schon den Schutz von Kindern vor zweifelhaften Inhalten, unerwünschten Kontakten und beschränkt Nutzungszeiträume. Vorausgesetzt wird aber, dass die Eltern selbst ein Instagram-Konto haben, damit sie Teen-Konten ihrer Kinder verwalten können. Abzuwarten ist auch, wie effektiv der Schutz in der Praxis funktioniert. Instagram will für die Filter-Funktionen und Überwachung der Nachrichten angeblich eine spezielle KI einsetzen. Soweit die Ankündigungen des Meta-Konzerns, die wirklichen Veränderungen muss man abwarten.

Mehr Informationen und Hinweise, damit unsere Kinder sicher und kompetent im Netz unterwegs sind, finden Sie in der Website des Sicher-Stark-Teams.

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Mein Kind ist rechts, was tun?

Was tun, wenn sich Jugendliche oder sogar schon Kinder der rechtsextremen Szene zuwenden, wenn plötzlich bisher geteilte gemeinsame Ansichten und Werte abgelehnt werden. Wenn Kinder sich menschenverachtend äußern, so dass es über die bekannten Rivalitäten unter Kindern hinaus geht?

Anzeichen, dass Kinder in den Einfluss von Rechtsextremen geraten, gibt es in vielfältiger Weise. Angefangen beim Kleidungsstil mit bei Rechtsextremen beliebten Marken wie Lonsdale oder Thor Steinar, bis hin zu aggressivem Verhalten gegenüber Kindern mit Migrationshintergrund oder antisemitischen Sprüchen. Andere Auffälligkeiten sind das sprunghafte Austreten aus den bisherigen Freundeskreisen. Musik mit rechten Parolen und Songtexten sind ebenso Grund für Aufmerksamkeit, wie auch Broschüren oder Flugblätter mit rechtsextremen Inhalten.

Eine rechtsextreme, rassistische oder demokratiefeindliche Orientierung bei Jugendlichen ist für Eltern eine besondere Herausforderung. Vor allem dann, sobald sie Meinungen und Verhaltensweisen ihrer Kinder kritisch hinterfragen. Es ist nicht einfach, die eigene Position unmissverständlich deutlich zu machen und gleichzeitig den Kontakt zum Kind nicht zu verlieren.

Jugendliche und gerade Kinder haben in frühen Lebensphasen oft noch keine gefestigten Einstellungen und sind unsicher in ihrer politischen Orientierung. Teilweise steht am Anfang der Wunsch, die rechtsextreme Erlebniswelt als Spaß zu sehen, anders sein zu wollen und zu einer vermeintlich elitären Gruppe zu gehören. Die extrem rechte Szene weiß, wie man Kinder an sich bindet und ihr Interesse weckt. Sie geben Kindern das Gefühl, dass sich jemand für sie interessiert, dass sie wichtig sind und einflussreich sein können. Kinder gehen ihre eigenen Wege in das Erwachsensein, was nicht heißt, dass Eltern alle Entscheidungen ihrer Kinder gutheißen müssen. Konflikte sind notwendig. Die Tochter oder der Sohn brauchen Signale und eine konstruktive Auseinandersetzung. Wichtig ist dabei in jedem Fall, dass Eltern zeigen, dass sie für ihr Kind da sind und auch immer da sein werden.

Presseberichte 2022

Mein Kind ist rechts

Einige Orientierungshilfen beantworten häufig gestellte Fragen von Eltern. Auch um ihnen zu zeigen, dass sie mit ihren Unsicherheiten und Sorgen nicht alleine sind. Die Inanspruchnahme fachlicher Hilfe kann oft eine wichtige Unterstützung sein.

Mit einer klaren demokratischen Haltung können Eltern bei ihren jugendlichen Kindern Widersprüche aufzeigen und Zweifel wecken. Suchen Sie frühzeitig das Gespräch mit Ihrem Kind und fragen Sie nach der Bedeutung bestimmter Symbole oder Kleidermarken.

Auseinandersetzungen, die nur belehren wollen, scheitern regelmäßig und zerstören Bindungen. Jugendliche wollen mit ihrem Anliegen ernst genommen werden, so hanebüchen es auch sei. Sie wollen merken, dass sich jemand für sie interessiert. Beschäftigen Sie sich mit den Inhalten und Argumenten Ihres Kindes, suchen Sie die Diskussion auf Augenhöhe.

Es ist ebenso wichtig, einen Ausgleich zu finden, das Thema mal ruhen zu lassen und keine Dauerdiskussion zu führen. Sie können nicht 24 Stunden am Tag um die politische Orientierung streiten! Sorgen Sie lieber gelegentlich für gemeinsame „Auszeiten“: Pizzaessen, Kochen oder Ausflüge ermöglichen wieder abschnittsweise ein normales Familienleben, geben beiden Seiten Kraft und können Vertrauen herstellen.

Für Eltern ist es aber wichtig, die eigenen Grenzen ernst zu nehmen und die Kontrolle über die Situation zu behalten. Sie müssen nicht alles aushalten und sollten auch klarstellen, wenn Ihnen etwas zu viel wird. Wenn Sprüche zu aggressiv oder menschenverachtend werden. Grenzziehungen oder Verbote sollten jedoch klar und fair begründet werden.

Bei aller Belastung sollten Eltern für ihr Kind ansprechbar bleiben und ihrem Kind nach Möglichkeit zur Seite stehen. Wenn auch Entscheidungen und Meinungen des Kindes nicht immer nachvollziehbar sind. Bleiben Sie in Beziehung und nehmen Sie auch Leistungen, Erfolge und Entwicklungen Ihres Kindes wahr und vermitteln Sie ein Gefühl von Anerkennung.

Rechte Ideologien sind mit zugespitzten Geschlechterbildern verbunden. Gerade für Jungen kann es verführerisch sein, sich an einem zur Schau gestellten starken, rechtsextremen Männerbild zu orientieren. Gerade Jungs, die auf der Suche nach männlichen Vorbildern sind, können davon profitieren, wenn sie Kontakt zu Männern haben, die für mehr stehen als Härte, Brutalität und Hass.

Doch Rechtsextremismus ist nie ein Kinderspiel. Jugendliche müssen lernen, die Verantwortung für ihre Entscheidungen zu übernehmen. Jede Handlung hat bestimmte Konsequenzen, über die jeder Mensch am besten im Vorhinein nachdenken sollte. Machen Sie Ihrem Kind gegenüber deutlich, dass dies zum Wunsch nach eigener Entscheidungsfindung dazu gehört.

Vielleicht gibt es im Umfeld Ihres Kindes Menschen, die einen besseren Draht zum ihm haben, eventuell auch, weil die Beziehung weniger belastet ist. Das können Menschen aus der Verwandtschaft sein, in der Schule oder in der Ausbildung, in der Nachbarschaft, im Sport oder im Freundeskreis.

Zum Glück können die Beziehungen zur rechtsextremen Szene auch von selbst wieder enden: durch neue Kontakte oder Freundschaften außerhalb der Szene. Verlassen sollten Sie sich besser darauf nicht. Vor allem Eltern und Angehörige können mit Mut und Ausdauer helfen, Wege aus der Szene aufzuzeigen.

Professionelle Hilfe zu suchen und anzunehmen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern zeigt, dass Ihnen etwas an Ihrem Kind liegt. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen kann entlastend sein. Sie sind nicht die einzigen Eltern in dieser Situation. Speziell für Rechtsextremismus bei Kindern und Jugendlichen bietet die Initiative „Eltern Stärken“ Hilfe und Informationen an. Online unter „www.mein-kind-ist-rechts.de“. Oder wenden Sie sich an das Sicher-Stark-Team.

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