Steigende Fälle von Kindesmissbrauch

Von Veronika Wittig

Wie die im Juli 2024 veröffentlichten Zahlen des Bundeskriminalamtes (BKA) aufzeigen, ist weiterhin ein Anstieg der Fallzahlen bei Sexualdelikten gegen Kinder und Jugendliche zu sehen. Fast 20.000 Kinder und Jugendliche waren vergangenes Jahr Opfer von sexualisierter Gewalt. Insbesondere in den Bereichen des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen und im Bereich der kinder- und jugendpornografischen Inhalte stiegen die Fallzahlen deutlich an.

Steigende Fallzahlen

Wie aus dem „Bundeslagebild Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen 2023“ hervorgeht, wurden von den Strafverfolgungsbehörden 16.375 Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern (5,5 Prozent mehr als 2022) festgestellt. Blickt man auf den Fünf- jahresvergleich, ist dies seit 2019 ein Anstieg von rund 20 Prozent. Dabei wurden 18.497 Kinder unter 14 Jahren zu Opfern sexuellen Missbrauchs. Dies bedeutet eine Steigerung um 7,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dabei sind viele Opfer noch sehr jung: Über 2200 Jungen und Mädchen seien zum Zeitpunkt des Missbrauchs jünger als sechs Jahre alt gewesen. Zudem sind rund drei Viertel der Opfer von sexueller Gewalt weiblich.

Besonders stark ist der Anstieg bei jugendpornografischen Inhalten; diese sind 2023 auf ca. 31 Prozent, sprich auf 8.851 Fälle angestiegen.

Sexueller Kindesmissbrauch

Steigende Fälle von Kindesmissbrauch

Prävention von sexuellem Missbrauch – Kinder besser schützen

Kinder können sich nicht alleine vor sexueller Gewalt und Missbrauch schützen. Sie brauchen erwachsene Ansprechpersonen, deshalb richtet sich Prävention an verschiedene Zielgruppen.

Eine große Herausforderung bei der Prävention ist dabei, dass für viele Missbrauch im eigenen Umfeld nicht vorstellbar ist. Doch sich bewusst zu machen, dass Missbrauch immer und überall stattfinden kann, ist der erste Schritt für wirkungsvolle Prävention. Nachfolgend die wichtigsten, praktischen Tipps für Eltern:

Was können Eltern tun, um ihr Kind vor sexuellem Missbrauch zu schützen?

Klären Sie Ihre Kinder über den Begriff des sexuellen Missbrauchs auf. Zeigen Sie ihrem Kind, wo Grenzen liegen und dass es diese einfordern darf. Erarbeiten Sie präventive Maßnahmen und Regeln. Diese können sein:

  1. Kindern zu erklären, zu keinen Fremden ins Auto zu steigen
  2. Keine privaten Daten wie Adresse und Name an Fremde weiterzugeben
  3. Keine Geschenke anzunehmen von fremden Personen
  4. Keinen in die Wohnung zu lassen, wenn Mama oder Papa nicht da sind
  5. Sich an Absprachen halten: Kinder sollen sich an den abgesprochenen Schulweg halten, die besprochene Buslinie nutzen und die vereinbarten Uhrzeiten und Treffpunkte einhalten .
  6. Sagen Sie dem Kind, dass niemand das Recht hat, es anzufassen.
  7. Vereinbaren Sie ein Safeword! Danach kann das Kind Fremde fragen und wenn dieser das Safeword nicht kennt, weiß es, dass es ihm nicht vertrauen sollte.
  8. Wenn möglich, sollten Kinder zu zweit oder in Gruppen zur Schule gehen.

Ein wesentlicher Punkt ist ebenfalls der Umgang mit dem Internet. Mittlerweile bahnt sich sexueller Missbrauch häufig über Kontaktaufnahme im Internet an oder findet sogar gänzlich digital statt. Eltern sollten deshalb mit ihren Kindern auch über diese Gefahren im digitalen Raum sprechen und über die Onlineaktivitäten ihrer Kinder Bescheid wissen: Auf welchen Plattformen ist das Kind registriert? Welche Daten wurden dort veröffentlicht? Mit wem hat das Kind digital Kontakt?

Das Sicher-Stark-Team hilft mit

Das Sicher-Stark-Team hilft mit und setzt sich dafür ein, dass Kinder früh für diese Themen sensibilisiert werden und dadurch sicher und stark aufwachsen können. Weitere Informationen gibt es online auf der Homepage der Bundesgeschäftsstelle.

Lesen Sie auch unseren Artikel über YouTube und seine KI-Quatsch-Videos.

 

YouTube und seine KI-Quatsch-Videos

YouTube ist eins der beliebtesten sozialen Medien, gerade bei Kindern und Jugendlichen. Tatsächlich sind dort sehr hilfreiche und ernsthafte Angebote zu finden, wie die Nachhilfe-Videos von Daniel Jung, Miriam Müller oder Lehrerschmidt. Die können Mathe manchmal besser erklären als viele Lehrer vor der Klasse. Neuerdings machen sich aber auch Videos von Leuten dort breit, die nur ein Ziel haben: Durch möglichst viele Klicks möglichst viel Geld abzusahnen. Ihr Zielpublikum sind bevorzugt Kinder, mit durch künstliche Intelligenz erzeugte Videos, die hanebüchenen Quatsch und Lügengeschichten erzählen.

Da werden angebliche fast vollständige Überreste von Dinosauriern gezeigt, die angeblich gerade im Urwald in Südamerika gefunden wurden. Tatsächlich stammen die Bilder aus einem Dino-Park im bayrischen Altmühltal. Hundert Meter lange Riesenschlangen sollen sich an einem Strand entlang bewegen. Bei genauerem Hinsehen erkennt man, dass die Schlange keine Spuren im Sand hinterlässt, und über dem Sand zu schweben scheint. Sie sich eigentlich gar nicht bewegt. Selbst vor Bildern von angeblich durch Wildkameras fotografierte Aliens schrecken die Macher nicht zurück. Alle Videos scheinen echt zu sein. Diese Kanäle nennen sich „Die weise Eule“ oder „TopNL“ in den Niederlanden. Gemeinsam ist ihnen, dass nicht nur nichts davon stimmt, sondern die Inhaber der Kanäle bis zu einer halben Million Abonnenten im Monat erreichen. Das reicht, um mehrere zehntausend Euro im Monat für Werbeeinnahmen einzusacken. Was Erwachsene jedoch auf den ersten Blick als Fake und Humbug erkennen, wird gerade von jüngeren Kindern nicht selten für Realität gehalten. Es wird eine Wirklichkeit simuliert, die Kinder nicht als das erkennen, was es ist, nämlich Klickbaiting und Abzocke.

YouTube und seine KI-Quatsch-Videos

Dieses Beispiel zeigt einmal wieder, wie wichtig es ist, mit seinen Kindern darüber zu sprechen, welche Inhalte sie im Netz konsumieren. Den Kindern deutlich zu machen, dass im Internet viele Menschen unterwegs sind, die nur Geld abgreifen wollen und deshalb nicht davor zurückschrecken, Kinder mit gefälschten oder sogar gefährlichen Videos anzulocken. Wie die so genannten Challenges in TikTok. Wenn man seine Kinder vor solchen Betrügereien schützen möchte, sollten die Angebote der öffentlich-rechtlichen Medien genutzt werden. Oder Videos, die in zuverlässigen Quellen empfohlen werden, wie in Zeit-Online oder einem Portal wie Familienleben.ch.

Weitere Informationen, wie Sie dafür sorgen, dass Ihre Kinder sicher im Netz unterwegs sind, finden Sie auch in den Seiten des Sicher-Stark-Teams.

Lesen Sie auch unseren Artikel über Diagnose Depression nimmt bei jungen Menschen zu.

Diagnose Depression nimmt bei jungen Menschen zu

Immer mehr jungen Menschen wird eine Depression diagnostiziert. Das hat eine aktuelle Auswertung des Barmer-Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) herausgefunden.

Mehr als 409.000 Betroffene im vergangenen Jahr: Laut einer aktuellen Auswertung des Barmer-Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) hat die Anzahl der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen fünf und 24 Jahren, die an einer Depression leiden, zugenommen. 2018 lag die Anzahl der Diagnosen noch bei 316.000 und war damit 30 Prozent geringer.

Mehr Mädchen als Jungen betroffen

Einen besonders großen Anstieg konnte das bifg von 2020 auf 2021 während der Corona-Pandemie feststellen: Innerhalb dieser beiden Jahre stieg die Anzahl der Diagnosen von 327.000 auf 383.000. Der Anteil von Mädchen und jungen Frauen, die an Depressionen leiden, fiel in der Auswertung zudem höher aus als bei Jungen und jungen Männern. 2023 wurde bei 283.000 Mädchen und jungen Frauen eine Depression diagnostiziert; 2018 waren es 204.000. Bei Jungen und jungen Männern stieg die Fallzahl von 112.000 auf 127.000. Laut Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer, wisse man schon lange, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede bei Depressionen gebe. ”Aber hierzu sind weitere Analysen erforderlich, um die Wirkzusammenhänge noch besser zu verstehen.“

Die Auswertung zeigte, dass die Fälle von Depressionen in allen Bundesländern zwischen den Jahren 2018 und 2023 angestiegen ist. Die größte Steigerung konnte mit 51 Prozent in Sachsen-Anhalt festgestellt werden. Dort stiegen die Depressions-Diagnosen von 6.100 auf 9.200. Den geringsten Zuwachs verzeichnete Baden-Württemberg mit 41.500 auf 48.600 Betroffene. In Nordrhein-Westfalen erfolgte der größte Anstieg mit 94.400 gegenüber 75.300 Fällen im Jahr 2018. Die wenigsten Diagnosen erfolgten mit 3.300 im Saarland. 2018 erhielten dort 2.700 junge Menschen eine Diagnose.

Die deutliche Zunahme an Depressionen bei jungen Menschen sei besorgniserregend, so  Straub. “Dabei hat die Erkrankung viele Gesichter und wird nicht immer sofort erkannt. Selbst wenn Betroffene oder Angehörige merken, dass etwas nicht stimmt, fällt ihnen konkrete Unterstützung mitunter schwer.“

Diagnose Depression nimmt bei jungen Menschen zu.

Hilfe für Kinder und Jugendliche mit einer Depression

Nicht immer wird eine Depression bei Kindern und Jugendlichen von Erziehungsberechtigten, Lehrbeauftragten oder Ärzt*innen direkt erkannt. Besonders Jugendliche leiden beim Eintreten der Pubertät an Stimmungsschwankungen und Gereiztheit. Auch die Angst vor Stigmatisierung sorgt dafür, dass sich Familien häufig erst spät Hilfe holen. Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention unterscheidet die Hauptsymptome einer Depression deshalb nach Altersstufen, damit eine Diagnose leichter fällt. An diesen ersten Anhaltspunkten können sich Erziehungsberechtigte orientieren. Bei Verdacht auf eine Depression sollte eine Diagnose allerdings durch einen Arzt oder Psychotherapeuten erfolgen.

Unter 1-3 Jahren:

  • wirkt traurig
  • ausdrucksarmes Gesicht
  • erhöhte Reizbarkeit
  • selbst stimulierendes Verhalten, z. B. Schaukeln des Körpers, übermäßiges Daumenlutschen
  • Teilnahmslosigkeit
  • Spielunlust
  • Spielverhalten mit reduzierter Kreativität und Ausdauer
  • gestörtes Essverhalten
  • Schlafstörungen

Vorschulalter (3-6 Jahre):

  • trauriges Gesicht
  • verminderte Gestik und Mimik
  • leicht irritierbar, stimmungslabil
  • mangelnde Fähigkeit, sich zu freuen
  • vermindertes Interesse an Bewegung
  • nach innen gekehrtes oder aggressives Verhalten
  • Verändertes Essverhalten mit Gewichtsab-/ oder Zunahme
  • Schlafstörungen, z. B. Schwierigkeiten beim Ein- und Durchschlafen, Albträume

Schulalter:

  • verbale Berichte über Traurigkeit
  • Schulleistungsstörungen
  • Befürchtung, dass die Eltern nicht genügend Beachtung schenken
  • Suizidale Gedanken

Pubertäts- und Jugendalter:

  • Depressive Symptome laut Diagnosekriterien
  • vermindertes Selbstvertrauen
  • Ängste, Konzentrationsschwierigkeiten, Gleichgültigkeit
  • Leistungsstörungen
  • tageszeitabhängige Schwankungen des Befindens
  • psychosomatische Beschwerden (z. B. Kopfschmerzen)
  • Suizidhandlungen

Sollte eine Diagnose erfolgen, ist eine Psychotherapie für Kinder und Jugendliche ratsam. In schweren Fällen kann auch eine medikamentöse Behandlung in Betracht gezogen werden. Erste Anlaufstellen können Hausärzte, Sozialarbeiter*innen, Vertrauenslehrer*innen oder Beratungsstellen wie die Diakonie oder das Rote Kreuz sein.

Anonym können sich Kinder und Jugendliche auch selbstständig mit Unterstützung ihrer Eltern an das Kinder- und Jugendtelefon (116 111) oder die Telefonseelsorge (0800 1110 111 oder 0800 1110 222) wenden. Auch per E-Mail ist die Kontaktaufnahme zu Beratungsstellen möglich, beispielsweise zu Jugendnotmail oder u25-Deutschland.

Das Jugendhilfeportal empfiehlt zudem für Jugendliche ab 14 Jahren das Diskussionsforum “FIDEO”, kurz für “Fighting Depression Online”. Dort erhalten Jugendliche Informationen zu Symptomen, Ursachen sowie Behandlungsmöglichkeiten und können sich in einem Chat untereinander austauschen.

Lesen Sie auch unseren Artikel über Zahl vernachlässigter Kinder in Thüringen.