Gewalt in der Familie: Immer mehr Kinder erleben Gewalt im häuslichen Umfeld

Von Veronika Wittig

Aktuelle Zahlen belegen immer mehr häusliche Gewalt – aber was ist eigentlich mit den betroffenen Kindern, die schon früh mit häuslicher Gewalt im in der Familie konfrontiert sind?

Wie die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf die Innenministerien und LKAs der Bundesländer berichtet, wurden 2022 deutlich mehr Opfer häuslicher Gewalt registriert.

Häusliche Gewalt: Was ist das und wie oft kommt sie vor?

Was genau ist häusliche Gewalt? Der Begriff umfasst alle Gewalttaten zwischen Personen, die in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben. Neben der körperlichen und sexuellen Gewalt zählen auch die psychische und finanzielle Gewalt unter den Sammelbegriff der häuslichen Gewalt. Diese kann in unterschiedlichen Personenkonstellationen erfahren werden: Gewalt in der Partnerschaft, in der Ehe, Gewalt gegenüber Kindern, zwischen Geschwistern und gegenüber anderen Personen im Haushalt.

Im Jahr 2022 wurden in Deutschland insgesamt 179.179 Fälle von häuslicher Gewalt polizeilich erfasst. Im Vergleich zu 2021 ist dies ein Anstieg von 9,3 Prozent. Allerdings ist in diesem Bereich davon auszugehen, dass die Dunkelziffer sehr hoch ist und es tatsächlich noch mehr Fälle sind. Zwei Drittel der Opfer sind Frauen.

Gewalt in der Familie

Kinder werden unmittelbar oder mittelbar Opfer von häuslicher Gewalt

In über 50 Prozent der bei der Polizei erfassten Fälle handelt es sich bei den Opfern um Frauen mit Kindern. Dadurch werden Kinder unmittelbar oder mittelbar selbst Opfer von häuslicher Gewalt.

Was bedeutet es für die Kinder, Zeuge von häuslicher Gewalt zu sein? Meistens erleben Kinder, die in einem Umfeld mit häuslicher Gewalt aufwachsen, diese wiederholt und mit unterschiedlichen Dynamiken über einen längeren Zeitverlauf. Kinder wissen oft nicht, wie sie mit der Gewalt eines Elternteils gegenüber dem anderen umgehen sollen. Häufig kommen Heranwachsende mittelbar in Kontakt mit häuslicher Gewalt, wenn sie sich im gleichen Raum befinden oder in unmittelbarer räumlicher Nähe – also in der Wohnung, dem Nachbarraum, im Auto. Dadurch sind sie gezwungen, die physische und psychische Gewalt mitzuerleben und können sich dieser kaum entziehen. Dieses Miterleben von Gewalt bleibt für junge Heranwachsende nie ohne Auswirkungen und Folgen.

Kinder leiden unter Situationen häuslicher Gewalt, sie sind stille Zeugen und entwickeln häufig selbst Schuldgefühle, weil sie dem betroffenen Familienmitglied nicht helfen können, ziehen sich aus Scham zurück oder ergreifen scheinbar Partei für das gewalttätige Familienmitglied, um nicht selbst auch Opfer von Gewalt zu werden. Kinder, die in Haushalten mit häuslicher Gewalt leben, leiden unter immensen seelischen Verletzungen, die sie auch Jahrzehnte später noch begleiten können. Akute Auswirkungen sind häufig Schlafstörungen, Schwierigkeiten in der Schule, Entwicklungsverzögerungen, Aggressivität oder Ängstlichkeit.

Häusliche Gewalt in der Familie und ihre Folgen für Kinder

Die Entwicklung von Kindern findet maßgeblich innerhalb der Familie und des häuslichen Umfeldes statt. In diesem Rahmen werden die Grundlagen für alle späteren gesellschaftlichen Prozesse gelegt, Kinder kommen in Kontakt mit Werten und Normen, die sie ihr ganzes Leben prägen. Wachsen Kinder in einem Umfeld mit häuslicher Gewalt auf, nehmen sie daraus Verhaltensmuster für das Erwachsenenleben mit. Sie lernen fälschlicherweise, dass Gewalt ein legitimes Mittel sein kann, sich durchzusetzen. Sie lernen, Gewalt als Mittel in einer Partnerschaft und gegenüber anderen Menschen einzusetzen. Durch den Kontakt mit häuslicher Gewalt können Heranwachsende unter Umständen lernen, dass Gewalt in einer Partnerschaft vorkommen darf. Wie sollen sie so später eine gleichberechtigte Partnerschaft führen?

Das Kindesalter ist die prägendste Phase der Entwicklung. Erleben Kinder in dieser Phase immer wieder, dass geliebte Personen physische und psychische Gewalt erfahren, führt dies in der Entwicklung zu einem Mangel an Selbstvertrauen und der Beeinträchtigung von Kommunikations- und Beziehungsfähigkeit.

Gewalt in der Familie: Das Sicher-Stark-Team unterstützt präventiv

Das Sicher-Stark-Team hilft mit und setzt sich mit einem umfassenden Angebot dafür ein, dass Kinder gewaltfrei aufwachsen können.

Weitere Informationen gibt es auf der Homepage der Bundesgeschäftsstelle.

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